Mitternachtsspitzen
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Einträge vom: 25.03.2024

WARTE, WARTE NUR EIN WEILCHEN

Sind Sie ein geduldiger Mensch? "Für den, der abwarten kann, beginnt auch ein Ei zu fliegen", so drückte es Robert Lembke aus. Ich persönlich liebe mein gelegentliches Frühstücksei butterweich – also höchstens fünf Minuten – gekocht und wäre nur mäßig begeistert, wenn es plötzlich mit schadenfrohem Gackern auf und davon flöge. Sie merken schon, Geduld ist nicht meine Stärke. Im Gegenteil, sie gehört zu den schwierigsten Lernaufgaben, die mir für dieses Leben gestellt wurden.

Unsere Vierbeiner sind hierbei hervorragende Lehrer. Bobby zum Beispiel ist ein wahrer Zen – Meister, ein Muster an Gelassenheit und Ruhe. Wenn wir spätabends unsere letzte Runde drehen, brauchen wir von der Gartentür bis zur nächsten Straßenecke und retour – eine Strecke von etwa vierhundert Metern – gut eine halbe Stunde. Da helfen weder ungeduldiges Zerren an der Leine (der Große stemmt einfach alle Viere fest in den Boden und macht sich so schwer wie ein Elefantenbaby), noch gemurmelte Beschwörungen im Stil von: "Na los, jetzt komm schon, du fauler Hund, oder willst du hier Wurzeln schlagen?". Bevor nicht jeder einzelne Grashalm namentlich begrüßt, jedes Blatt am Strauch gelesen und mit einem Kommentar versehen wurde, geht es keinen Millimeter voran. Ich trete dabei von einem Fuß auf den anderen und vertreibe mir die Zeit, indem ich zum nachtblauen Himmel schaue und die lieben Sternlein zähle. Oder ich lausche dem Flüstern der Blätter in den Baumkronen und träume vor mich hin. Wenn es dann irgendwann an der Leine ruckt, was bedeutet, es möge nun bitteschön weitergehen, merke ich, dass ich im Stehen eingeschlafen bin.


Wussten Sie eigentlich, dass PATIENT, wörtlich übersetzt, nicht der Kranke, sondern der Geduldige heißt? Denken Sie bei Ihrem nächsten Arztbesuch daran, wenn Sie, trotz vereinbarten Termins, wieder zweieinhalb Stunden im überfüllten Wartezimmer hocken, bevor Sie endlich aufgerufen werden. Dafür ist aber der Doktor dann auch ein richtiger Mensch – hoffentlich! - und kein Ei, das nach einer bestimmten Wartezeit… Sie wissen schon.



Nickname 25.03.2024, 13.53| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: ALLERLEI PLAUDEREI

WIE GUTER WEIN

Liebe Lesende, sicher kennen Sie das Sprichwort: "Männer sind wie guter Wein – mit den Jahren werden sie immer besser." Nun inwieweit das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Für uns Hunde – und Hündinnen! - trifft es jedenfalls hundertprozentig zu. Ein älterer oder alter Hund hat sie hinter sich, die Kinderkrankheiten und Flegeljahre. Die Erziehung seiner Menschen ist ebenfalls weitgehend abgeschlossen, man braucht sich gegenseitig nichts mehr zu beweisen und es bedarf keiner Diskussionen mehr, wer im Rudel das Sagen hat. Das Leben geht seinen gewohnten Gang, wir Hundesenioren sind unseren Menschen verlässliche Begleiter und freundliche, treugediente Familienmitglieder geworden.

Klingt langweilig, meinen Sie? Aber nein, weit gefehlt. Bei uns Hunden verhält es sich ganz ähnlich wie bei den zweibeinigen Senioren. Mithilfe der modernen Medizin werden immer mehr von uns immer älter, und längst sind wir zu einer neuen, gewinnträchtigen Zielgruppe für die Industrie geworden. Schauen Sie sich nur mal um, was in Fressnapf &Co. und in den Tierarztpraxen für unsere Altersgruppe alles angeboten wird, das ist ein ungeheurer Markt. Insofern, wie auf den meisten anderen Gebieten, stehen wir unseren jüngeren Kollegen nichts nach. Man wird alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu, das gilt auch für uns. Wir Hunde bleiben nämlich bis ins hohe Alter lern- und anpassungsfähig und sind immer noch für Überraschungen gut.

Hinzu kommt, dass wir – von Ausnahmen abgesehen – entschieden problemloser altern als die Menschen. Das liegt daran, dass wir das Leben an sich gelassener nehmen, uns eher mit den Gegebenheiten abfinden und nicht mit unserem Schicksal hadern. Es lohnt sich also durchaus, über uns zu schreiben. Und hierfür ist unser Frauchen goldrichtig. Sie hat zwar keine Ahnung, wie man einen Welpen auf- und erzieht, denn sie und Chef hatten nie einen; aber wenn es um uns ältere Semester geht, ist sie schon fast eine Expertin. Beinahe jedenfalls; denn auch wir stellen sie immer wieder vor neue Herausforderungen, weil wir ja überwiegend erst als Alte zu ihr kommen und sie so gut wie nichts von uns weiß. Da ist Detektivarbeit gefragt, aber darüber später mehr. Also bitte, bleiben Sie neugierig; und wenn Sie uns etwas näher kennen, sagen Sie vielleicht auch: "Alte Hunde sind wirklich die Besten!"

Liebevollst,

WENDY



Nickname 25.03.2024, 13.53| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: TIERLIEBE - GELIEBTE TIERE

ZUHAUSE, ABER NICHT DAHEIM

Wir waren umgezogen, von Krumme Lanke nach Schlachtensee. Unsere Wohnung lag im oberen Stock einer Gründerzeitvilla, deren Erdgeschoss und Souterrain von den Hauseigentümern bewohnt wurden. Fräulein S. und Herr L. waren ein seltsames Paar. Sie lebten in wilder Ehe miteinander (für damalige Moralvorstellungen unerhört), gingen fast nie aus und empfingen auch nur selten Besuch. Niemand begriff, warum sie überhaupt zusammenblieben, denn sie stritten sich fast ständig, und wir bekamen oben alles mit. Fräulein S. war eigentlich ganz nett, aber vor Herrn L. hatte ich eine Heidenangst.

An einen Vorfall kann ich mich noch genau erinnern, obwohl ich damals erst vier Jahre alt war: Trotz strengsten Verbotes war ich mit Pit in den völlig verwilderten Garten gegangen und hatte dort ein bisschen herumgestöbert. Natürlich fand er alles hochinteressant. Er hatte wohl ein Mauseloch entdeckt, denn er buddelte auf einmal wie verrückt und verschwand beinahe völlig in dem Loch. Nur sein kleines Hinterteil ragte noch heraus. In dem Moment tauchte urplötzlich Herr L. auf und fing an, wie ein Wahnsinniger zu toben. Er hielt eine Schaufel in der Hand und drosch auf den armen Hund ein.

Ich muss vor Angst geschrien haben wie am Spieß. Zum Glück hatte meine Mutter oben das Küchenfenster offenstehen und konnte alles mit anhören. Sie kam in den Garten gerannt, stürzte sich auf Herrn L. und riss ihm die Schaufel aus der Hand. Von einer Sekunde zur anderen war er wie ausgewechselt, die Liebenswürdigkeit selbst, so als hätte jemand in seinem Kopf einen Schalter umgelegt. Meiner Mutter gegenüber verhielt er sich sowieso immer äußerst zuvorkommend, er schien tatsächlich Respekt vor ihr zu haben. Außerdem war sie damals eine bildschöne junge Frau, was vermutlich auch eine Rolle spielte. Abends gab es noch eine heftige Auseinandersetzung zwischen meinem Vater und Herrn L., und von da an lebten wir mehr oder weniger in friedlicher Koexistenz, bis wir zwei Jahre später auszogen. In den Garten haben Pit und ich allerdings nie wieder eine Pfote oder einen Fuß gesetzt.

Kein Wunder, dass der Lütte sein Großfrauchen schmerzlich vermisste und Heimweh nach seinem früheren Zuhause hatte. Er liebte uns zwar, aber meine Omi vergötterte er - genau wie ich. Immer wieder büxte er aus und fand mit schlafwandlerischer Sicherheit den Weg in die W…straße, wo er dann völlig erschöpft ankam. Von Haus zu Haus waren es beinahe vier Kilometer; mit dem Auto ein Katzensprung, aber für den kleinen Kerl mit seinen kurzen Beinchen der reinste Marathon. Anscheinend hatte er dabei auch einen guten Schutzengel, denn obwohl er einige belebte Straßen passieren musste, ist ihm nie etwas zugestoßen. Natürlich herrschte damals noch weitaus weniger Verkehr, und diejenigen, die schon ein Auto besaßen, fuhren langsamer und rücksichtsvoller, als es heutzutage viele tun. Gefährlich war es trotzdem, besonders für einen so winzigen Hund. Meiner Omi brach es jedes Mal fast das Herz, wenn wir ihn wieder abholten oder sie ihn uns zurückbringen musste.


Nickname 25.03.2024, 13.31| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: TIERLIEBE - GELIEBTE TIERE

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ÜBER MICH:Geboren vor 68 Jahren als waschechte Berliner Pflanze, mit reinem Spreewasser getauft und in der Heimatstadt fest verwurzelt geblieben.
Verheiratet mit dem besten aller Ehemänner und glückliches Frauchen von neun allerliebsten Fellnasen.





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