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SINGLE ODER LANGSPIELPLATTE?
Statistiken sind eine feine Sache. Sie
verraten viel über uns, sowie über die Welt, in der wir leben und untermauern
es mit unbestechlichen Zahlen. Wir erfahren beispielsweise, dass der Vatikan im
Verhältnis zu seiner Bevölkerung die höchste Verbrechensrate aufweist.
Allerdings werden die Delikte fast ausschließlich von Touristen begangen, die
in der Regel ungestraft davonkommen, weil sie sich der päpstlichen Justiz durch
Flucht ins benachbarte Italien entziehen. Interessant, oder?
Aber das ist längst nicht alles.
Statistiken vermögen noch einiges mehr, sie können sogar bei einer Diät
hilfreich sein. Wenn etwa der beste aller Ehemänner ein ganzes Brathähnchen
samt der knusprigen Haut verputzt, während ich mich mit einer Handvoll
Radieschen und ein paar Salatblättern begnüge, darf ich mich anschließend
ebenso satt und zufrieden fühlen wie er. Schließlich habe ich – statistisch
gesehen – auch ein halbes Hähnchen verspeist. Falls ich trotzdem weiter hungrig
bin, liegt das bestimmt nicht an den nackten Zahlen (eher an dem Haufen
nackter, sorgfältig abgenagter Knochen auf dem Teller des Besten), denn Zahlen
lügen bekanntlich nicht!
Wie die aktuellen, kürzlich vom
Statistischen Bundesamt veröffentlichten Ziffern belegen, gibt es in
Deutschland rund 1,6 Millionen Singles. Das heißt, zirka jeder fünfte
Bundesbürger ist solo. Das Leben ohne Anhang hat zweifellos seine guten Seiten.
Die Herren der Schöpfung brauchen keine drastischen Strafmaßnahmen (wie
Liebesentzug und Nächtigen auf dem Sofa) zu befürchten, wenn sie ihre freie
Zeit im Fußballstadion, in der Kneipe oder einem anderen Etablissement
verbringen. Singlefrauen ihrerseits engagieren gut gebaute Nacktputzer und
feiern wahre Shoppingorgien, ohne dass ein „Er“ sich aufführt wie Othello oder
ihnen die Kreditkarte sperrt. Kurz und gut, Männlein wie Weiblein dürfen ganz
nach der eigenen Fasson selig werden.
Trotz aller unbestrittenen Vorzüge des
Singledaseins oute ich mich als überzeugte Langspielplatte. Der beste aller
Ehemänner und ich spielen nun schon seit sechsunddreißig Jahren unser Lied (sieben
Jahre "wilde Ehe", quasi als Intro, kommen hinzu): Mit täglich
wechselnden Strophen, mal Staccato, mal Vibrato; heute in Dur und morgen
vielleicht in Moll, aber immer nach unserer eigenen Melodie. So wird es bleiben
bis ans Ende des Vinyls – selbst gegen den Rat von Experten, man solle die
Nadel auswechseln, wenn die Rille zu knistern beginnt.
Honi soit, qui mal y
pense!
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