Ausgewählter Beitrag
VON FLIEGENDEN HUNDEN UND ABGEBROCHENEN KRONEN
AHOI!
Liebe Leute, das wehte hier ja wieder mal tüchtig um die Häuser. Herwart hieß die
Kanaille. Zum Glück hat er´s weniger toll getrieben als sein Vorgänger Xavier,
aber uns hat´s auch so gereicht. Leichtgewichte wie Nelly und ich mussten
tierisch aufpassen, dass wir nicht die Bodenhaftung verlieren und abheben, wenn
wir so eine Sturmbö in die Flanke kriegten!
Bei uns im Wald sieht´s aus wie
Kraut und Rüben, das kann ich Ihnen bellen. Überall liegen umgestürzte Bäume
rum, die Forstarbeiter kommen gar nicht nach mit dem Aufräumen. Wir müssen
entweder drüber hüpfen oder drunter durch kriechen oder einen Riesenumweg außen
rum laufen. Ganz schön anstrengend auf die Dauer, man ist ja schließlich nicht
mehr der Jüngste. Emmys Frauchen hat erzählt, eine abgebrochene Baumkrone ist
praktisch genau vor ihrer und Emmys Nase gelandet und hat sie beide nur um
Haaresbreite verfehlt. Gott sei Dank war ihr Schutzengel auf seinem Posten,
wäre ja sonst nicht auszudenken gewesen!
Dazu hat´s in den letzten Tagen
auch noch Strippen geregnet, und alles ist voller Pfützen und Morast. Chef
sieht in seinen Gummistiefeln aus wie Peter Alexander beim Angeln und ich, als
käme ich direkt aus einer Moorpackung in Bad Nauheim. Frauchen ist not amused,
weil sie jeden Tag unsere Handtücher waschen darf.
Da fällt mir ein, unsere Große wirkt in letzter Zeit manchmal recht trübsinnig und bedrückt. Liegt vielleicht daran, dass es wieder so früh dunkel wird. Außerdem friert sie ständig, auch wenn´s draußen noch gar nicht so kalt ist. Sie müssen wissen, alles unter 20 Grad (plus, versteht sich) heißt für sie Winter.
Ehrlich gebellt glaube ich eher, es kommt daher, dass sie um diese Jahreszeit immer besonders viel an unsere Artgenossen denkt, die in Rumänien, Russland und anderswo auf der Welt ihr trauriges Dasein auf der Straße fristen, wo sie in eisiger Kälte ums nackte Überleben kämpfen müssen. Dort gibt´s keine gefüllten Näpfe und warmen Kuschelbetten. Die Ärmsten müssen sich irgendein Versteck suchen, in dem sie sich verkriechen können und werden obendrein von brutalen, gewissenlosen Menschen verfolgt und gequält. Wir spenden und spenden, sagt Frauchen, aber es ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein und das Elend wird immer größer statt kleiner. Dabei, wenn mehr Leute was geben würden, jeder nur so viel, dass er selbst nichts entbehren muss, käme ordentlich was zusammen. Aber die Menschen werden immer gleichgültiger und jeder denkt nur noch an sich, sagt sie. Das merken auch die im Tierheim Herzsprung, die mich damals vor der polnischen Gaskammer gerettet haben. Traurig das, wirklich traurig.
Das war´s für heute, gleich ist es Zeit für meine Medizin. Also, bis denne.
Macht´s gut, Nachbarn!
Euer BARNY
Bei solchem Wetter jagt man doch
keinen Hund vor die Tür
(jedenfalls nicht mich!)
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